Der getriebene Mountainbiker

Lesezeit: 2 Minuten

Natürlich sind wir eigentlich vernünftig, wäre da nicht …

Die Kolumne aus einem Leben als und mit Mountainbikern.


Mein Puls beschleunigt. Ich schnaufe. Ich keuche. Luft wird knapp. Die Oberschenkel brennen. Klar denken? Fällt schwer. Axel vor mir.

Schon beim ersten Pedaltritt beginnt das unterbewusste Kräftemessen. Ein Szenario, das wohl die meisten Mountainbiker (nicht nur einmalig) kennen. Ein ganz normaler Ride-Out. Eigentlich als entspannte Runde geplant, ein paar lockere Laps mit den Kumpels. Doch der kleine Troll lauert uns bereits nach der ersten Kurve auf und setzt sich auf unsere Schulter.

Seine Peitschenhiebe schallen in meinem Kopf. Ich hetze Axel hinterher. Er zieht immer weiter davon! Zentimeter für Zentimeter! Der Boden rutschig. Die Kurve kommt zu schnell. Ich halte trotzdem voll rein! Bremsen? Auf keinen Fall! Was denkt Axel wohl? Hört er mich noch? Dich krieg ich!

Die Situation schaukelt sich hoch. Bis einer weint. Die Vernunft flüstert: „Es ist nur ein entspannter Ride, kein Rennen!“ Wir ignorieren sie gnadenlos. Ist es schlau hier über sein Limit zu gehen? Wahrscheinlich nicht. Machen wir es trotzdem? Ihr kennt die Antwort. Schneller als gedacht werden aus besten Freunden erbitterte Rivalen. Doch fahren wir wirklich gegen den Vordermann? Der innere Troll grinst freudig und schwingt unermüdlich seine Peitsche.

Wieder ein paar Zentimeter verloren. Deathgrip-Mode. Wellen doubeln. Voll in die Kurve reinhalten. Scheiße! Mein Hinterrad rutscht – zu viel. Es überholt mich. Das wird nichts mehr! Ich stehe quer.

Ein Zeichen? Jetzt sollte die Vernunft einsetzen. Man sollte realisieren, dass das Risiko zu hoch ist. Man ist gerade so dem Crash entkommen. Was ist es Wert dieses Risiko einzugehen? Bevor diese Frage hochkommt, lacht der Troll hämisch: „Willst du schon aufgeben?“

Volle Power aufs Pedal. Axel? Ein paar Meter vor mir. Das schaffe ich – die Blöße gebe ich mir nicht!

Ehe er mit der Peitsche ausholen konnte, gab die Vernunft schon auf. Es ist fast so, als ob wir jedes Mal aufs Neue freiwillig die Ketten anlegen. Wir, die Mountainbiker – oder besser gesagt: die Untertanen unseres inneren Trolls. In Wirklichkeit geht es gar nicht um den Vordermann. Das müssen wir uns selbst beweisen.

Wie ein wildgewordener Stier presche ich nach vorne. Bremse auf. Kette rechts. Da kommt ein Gap. Axel umfährt es. Letzte Möglichkeit. Mein Moment! So schnell war ich hier noch nie! Abziehen – komplett ins Flat. Ich klebe an seinem Hinterreifen. Innerliches Jubeln. Trailende. Wir strahlen. High Fives!

Ja, wir könnten eine ganz entspannte Runde fahren. Wir könnten uns den Stress ersparen. 

Aber können wir das wirklich?


Autor – YANNICK NOLL

Größe: 178 cm

Gewicht: 75 kg

Fahrstil: Als ehemaliger Racer darf es gerne schnell und flüssig sein. Größere Sprünge und steile Rampen dürfen aber auch nicht fehlen. Das Bike ist etwas straffer und schneller abgestimmt, dass es entsprechend schnell auf Input vom Fahrer reagiert. 

Motivation: Es soll Spaß machen. Ein Bike sollte nicht langweilig, alles platt bügeln. Der Charakter darf etwas lebendiger sein. Bei der Abstimmung, wie auch beim Fahrstil. Das Produkt sollte haltbar sein und auch auf längeren Biketrips sorgenfrei funktionieren.


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