Was bedeuten die Trump Zölle für die Bike- und TEile-Preise?
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Die Unsicherheit der Märkte nach den Ankündigungen des Weißen Hauses wächst. Während in den Mainstream-Medien primär über Ex- und Importe von Autos diskutiert wird, beeinträchtigen die neuen US-Zölle selbstverständlich auch die Bikeindustrie. Da in unserer Branche primär auf die Fertigung in Asien gesetzt wird, braucht es nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass die US-Marken vor möglichen Mehrkosten stehen. Zusammen mit den weiterhin hohen Lagerbeständen ist die Bikebranche mit einer explosiven Mischung konfrontiert.
Während unsere Branche immer noch auf konkrete Antworten auf spezifische Fragen zur Umsetzung der Zölle wartet, machte Trumps Ankündigung klar, dass Preiserhöhungen über Zölle unvermeidlich sind. Für die USA gilt, dass nur Waren, die vor dem 5. April die Zollstationen durchlaufen haben, vor einem zusätzlichen Zollaufschlag befreit sind. Konkret bedeutet das, dass sich die Kosten der Importeure akut und ungeplant erhöhen und wahrscheinlich zu Preissteigerungen bei Distributoren und Händlern führen werden.
Die Importeure sind ab morgen mit zusätzlichen Zahlungen konfrontiert. Delikat ist der Umstand, dass diese zusätzlichen Kosten schon lange als Damoklesschwert über der Branche schwebte, aber keiner so recht daran glauben wollte, noch sie eingeplant wurden. In Zeiten von knappem Cashflow kann dies zu blutigen Einsparmaßnahmen, insbesondere im Personalsektor, führen.
Bicycle Retailer zitiert den CEO Arnold Kamler von Kent International: „Das größte Problem für uns und alle anderen ist der Cashflow“, – „Wenn wir Fahrräder und Komponenten kaufen, bekommen wir Kreditlaufzeiten von 60, 90 oder 120 Tagen, aber mit den hohen Zöllen werden sie automatisch von unserem Girokonto abgezogen; wir haben eine automatische Abbuchung bei den US-Zollbehörden, und ich nehme an, die meisten großen Fahrradunternehmen haben das auch“, sagte er. „Es ist brutal.“
Was die Zölle aktuell im Detail für die Branche und die Preise für die Endkunden bedeuten, ist nicht in aller Tragweite klar. Betrachtet man die Entwicklungen mit dem Freihandelsabkommen mit Mexiko aus Trumps erster Amtszeit und das Aussparen von landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Avocados, Kleidung und elektronischer Güter und den aktuellen Fokus auf Autos, Stahl und Aluminium im Zoll-Krieg, kann man hoffen, dass alle Länder zeitnah mit den USA an den Verhandlungstisch setzen.
Die Bikebranche in den USA hält aktuell den Atem an. Das Worst-Case-Szenario: Händler, die bereits Schwierigkeiten mit Cashflow und dem Absatz der Ware haben, könnten noch weiter belastet werden.
Was wir momentan wissen ist, dass auf alle Waren, welche in die USA importiert werden, zusätzliche Zölle von 10 % fällig sind. Je nach Produkt kann dies zu Gesamtzöllen von bis zu 100 % führen (Stahl aus China). Andere Regionen, die zuvor in Richtung USA mit nur relativ geringen Importzölle auf Fahrradprodukte belegt waren – darunter Europa, das Vereinigte Königreich, Taiwan, Kambodscha, Vietnam und Malaysia – werden nun mit erheblichen neuen Zöllen belegt.
Die neuen Tarifbasissätze aus den für die Bikebranche relevantesten Ländern (Quelle: PeopleForBikes)
Vietnam: 46 %
Taiwan: 32 %
Japan: 24 %
Thailand: 36 %
EU: 20 %
Indonesien: 32 %
Malaysia: 24 %
Kambodscha: 46 %
Indien: 26 %
Wir sehen seit Jahren eine Bewegung von großen Herstellern weg von Taiwan und China in Niedriglohnländer wie Myanmar, Vietnam und Indien. Die extreme Breite der Zollbelastung auf große Teile der Welt wird diese Verlagerung der Bikebranche aktuell einholen. Langfristige Planungen von Rahmenproduktionen, Eröffnen von Formen für Carbon-Komponenten, die sich über Jahre amortisieren müssen, sind aktuell stark gefährdet und könnten zu deutlichen Preissteigerungen führen.
Von der US-Regierung wird als Hauptgrund für die Zölle, eine Rückführung von Fertigung und Produktion auf heimischen Boden ins Feld geführt. Allerdings ist in den letzten Jahrzehnten das Wissen um die Fertigung (insbesondere von Carbon) nach Asien verlagert worden. Gleiches gilt für die Herstellung der Rohmaterialien wie Carbonfasern. Wäre ein US-Bikehersteller flexibel genug, um die Fertigung im eigenen Land hochzufahren, müsste immer noch das Rohmaterial importiert werden und darauf liegen weiterhin die hohen Zölle. Auch wenn sich diese Zölle schon lange angekündigt haben, scheint die Branche dennoch überrumpelt. Der momentane Mangel an Cashflow wird ebenfalls eine Reinvestition in Maschinen für die Fertigung vor Ort (USA) ohne Kredite unmöglich machen. In der Sourcing- und Einkaufsabteilung dürften die Tage aktuell lang werden.
Bleiben die Zölle seitens der USA länger bestehen, könnte es zu einer Preissteigerung im US-Markt und einer Fokussierung der Absatzzahlen in Richtung Europa führen. Abhängig von den Quellen der Rohmaterialien werden Rahmen und Komponenten für Kunden und Hersteller aus diesen Ländern preislich attraktiver werden. Die USA stünden daneben und müssen zusehen, wie diese Absätze wegbrechen. Die meisten amerikanischen Marken fertigen vor Ort in Europa und liefern die Rahmen und Komponenten aus Asien direkt hier her. Ad hoc wären allerdings Maßnahmen denkbar, dass US-Firmen versuchen, Einbußen im Heimmarkt auf den Rest der Welt umzulegen.
Im US-Kongress wurde ein Gesetzesentwurf eingebracht, der Zölle auf Originalteile (OE-Komponenten) reduzieren soll, um die Fahrradmontage in den USA zu fördern. Kredite inländischer Fahrradhersteller wurden ebenfalls ins Gespräch gebracht. Falls es verabschiedet wird, könnte dies die US-Produktion fördern. Was von der Trump-Administration ausgesprochen als Wunsch formuliert wurde. Allerdings ist unklar, ob der republikanisch kontrollierte Kongress und das Weiße Haus die kleine Fahrradindustrie unterstützen werden. Gegenüber der Automobil- ist die Bikebranche quasi irrelevant.
Viele Industrien, die Waren in den USA verkaufen, sehen sich denselben Problemen gegenüber. In der Fahrradbranche kämpfen wir aktuell aber aktuell immer noch mit den Überbeständen, was zum bereits erwähnten Mangel an Cashflow geführt hat. Dieser Umstand macht die Zoll-Situation noch deutlich problematischer. Wird dies zu noch heftigeren Rabattschlachten führen? Vermutlich.
Was bedeutet dies für den Endkunden in den USA und in Europa? Bikes des letzten Modelljahres werden aktuell bereits mit teilweise 60 % rabattiert. Wie sich die höheren Einkaufspreise neuer Ware auf den Absatz auswirken, darüber kann man nur spekulieren. Die meisten Bikes warten zum neuen Modelljahr lediglich mit einer neuen Farbe und marginaler Innovation auf. Sollte man also das vorherige Modell günstiger kaufen oder das neue mit minimalen Updates zu deutlich höherem Preis? Wertet dies das alte Modell im Preis wieder etwas auf? Insbesondere in Europa und in Deutschland sind wir mit einer komplexen Situation von Regierungswechseln, Verschuldung, unsicherer Wirtschaftslage und delikatem Markt konfrontiert, was sich schlecht auf die Kauflaune auswirkt. Die kommenden Wochen dürften hier spannend werden.
Ihr wollt mehr Einblicke in die Bikeindustrie? Hört rein in unsere Podcasts.
Autor – Jens Staudt
Größe: 191 cm
Gewicht: 87 kg
Fahrstil: Mit seinem Race-Hintergrund sind die Linien geplant, auch wenn es mal rumpelt. Wenn möglich, werden Passagen übersprungen. Die ganze Breite eines Trails sollte man nutzen. Andere würden sagen – kompromisslos.
Motivation: Ein Produkt sollte sorgenfrei und möglichst lange funktionieren. Wenn man weniger schrauben muss, kann man mehr fahren. Er bastelt gerne und schaut, wie das Bike noch optimiert werden kann.