Die Geschichte zum Foto: Budget kamera, Banger-Foto
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„Oh, du hast eine teure Kamera. Die macht bestimmt tolle Fotos!“
Das ist keine Übertreibung und auch nicht erfunden. Es ist ein Spruch, der immer wieder fällt, wenn man eine Spiegelreflexkamera in der Hand hält. Aber stimmt das vielleicht?
Für mich ist ein Foto mehr – es erzählt einen Moment, eingefroren in der Zeit. Und es ist eine Geschichte, die immer wieder erzählt wird, an jeden, der es sich ansieht.
In dieser Serie möchten wir nicht nur die Geschichte des Fotos erzählen, sondern auch vom Weg, der zu seiner Entstehung geführt hat. Die Planung des besonderen Moments, das Licht, das plötzlich durch dunkle Wolken bricht, und die Freude – und Frustration – beim Verfolgen des „Shots“.
Heute trägt fast jeder von uns eine leistungsstarke Kamera in der Tasche. Diese übertreffen die ersten Digitalkameras so ziemlich in allen Parametern. Sei es Megapixel, Bildqualität bei wenig Licht und Reihenaufnahmen. Viele Handys bieten sogar mehrere Brennweiten zur Auswahl. Als Enthusiast vergisst man leicht, dass diese Kameras eigentlich nur ein Bonus auf einem Telefon sind.
Wenn man sich die Auflösung ansieht, ist es verlockend zu denken, dass die neuesten Handys, mit doppelt so vielen Pixeln wie ältere, professionelle Kameras, auch doppelt so gute Fotos machen. Aber das Verdoppeln des Federwegs, den man am Bike hat, verdoppelt nicht zwangsläufig meine Skills auf dem Trail. Ein Kochmesser, das doppelt so scharf ist, macht das Essen nicht doppelt so gut. Gleiches gilt fürs Fotografieren: Eine Kamera ist wie jedes andere Werkzeug – man muss sie verstehen, um sie richtig zu nutzen.
Die Situation vor der Kamera ist die eigentliche Herausforderung, nicht die Ausrüstung. Eine bessere Kamera oder ein lichtstärkeres Objektiv können die Aufgabe leichter machen – aber wenn du die Technik verstehst, kannst du mit einer weniger leistungsstarken Kamera immer noch ein fantastisches Ergebnis erzielen. Und wenn das Licht stimmt, kann sogar ein gewöhnliches Foto zu etwas Außergewöhnlichem werden.
Es war der Morgen des Heiligabends 2006. Die Feiertage standen vor der Tür, Zeit mit der Familie zu verbringen, gutes Essen zu genießen und die unvermeidlichen politischen Diskussionen zu führen. Aber bevor wir alle nach Hause gingen, entschieden wir uns für eine Fahrradtour. Deutsche Winter können unangenehm und verschneit sein, aber sie haben auch etwas Magisches. Nach ein paar rutschigen Kurvenfahrten im örtlichen Wald entschied sich die Sonne, sich zu zeigen. Wo eben noch der Nebel das Tal und unsere Gedanken verhüllte, durchbrachen plötzlich gelbe Lichtstrahlen die Luft. Dreidimensional, fast zum Anfassen. Die Sonne, die aufgrund der Jahreszeit tief stand, war stark genug, dass sie den Nebel beiseiteschob und den Blick auf einen klaren blauen Himmel freigab. Doch der Nebel hielt sich hartnäckig an den schwarzen Silhouetten der Bäume fest.
„Geh da rüber! Schnell!“ Das war alles, was ich zu meinen Kollegen sagte, während ich versuchte, die kleine Budgetkamera, die ich an diesem Morgen in meine Fahrradhose gestopft hatte, herauszuholen. Es ging nicht darum, die Action einzufangen; es ging um die Stimmung, die Situation. Mit nur 6 Megapixeln und manuellen Belichtungseinstellungen brauchte es nicht viel, um die Magie festzuhalten.
Ein paar Monate später bat man mich, dieses Foto mit meinen Freunden in anderen Posen neu zu schießen. Ich verbrachte ein halbes Jahr damit, Locations zu scouten, Wettervorhersagen zu prüfen und zu versuchen, die Personen im Bild mit dem Himmel auf die gleiche Weise auszurichten. Es war unmöglich.
Man könnte dieses Foto als „Glücksschuss“ bezeichnen, und das ist völlig in Ordnung. Glück spielt bei großartigen Fotos immer eine Rolle. Aber als Fotograf ist es unsere Aufgabe, bereit zu sein. Auf das sich ändernde Licht zu achten und das Beste daraus zu machen. Wenn man seine Werkzeuge versteht, weiß, wie man sie nutzt, und den Moment einfängt, macht man den Unterschied. Es geht darum, eine Erinnerung festzuhalten, einen flüchtigen Augenblick in der Zeit, der später immer wieder erzählt werden kann.
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Autor – Jens Staudt
Größe: 191 cm
Gewicht: 87 kg
Fahrstil: Mit seinem Race-Hintergrund sind die Linien geplant, auch wenn es mal rumpelt. Wenn möglich, werden Passagen übersprungen. Die ganze Breite eines Trails sollte man nutzen. Andere würden sagen – kompromisslos.
Motivation: Ein Produkt sollte sorgenfrei und möglichst lange funktionieren. Wenn man weniger schrauben muss, kann man mehr fahren. Er bastelt gerne und schaut, wie das Bike noch optimiert werden kann.